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Quo vadis Klimaziel?

Jetzt sind sie also da, die neuen Klimaziele der EU. Demnach sollen die CO2-Emissionen in der EU um 40 % im Vergleich zu 1990 reduziert werden und der Anteil an Erneuerbaren Energien im EU-Schnitt 27 % betragen. Für Österreich würde das einen Rückschritt bedeuten. Dabei liegen energieeffiziente und kostenschonende Konzepte auf den Tischen der heimischen Industrie.

Darüber hinaus macht die EU keine Vorgaben hinsichtlich Energieeffizienz. Ing. Johann Gerstmann, Sprecher des Bundesverbandes Sonnenschutztechnik, kann das einfach nicht nachvollziehen: „Nicht nur, dass in Österreich dank Wasserkraft bereits heute die Erneuerbaren einen Anteil von 32 % haben und die Ziele somit keine wirkliche Vorgabe sind, ist es auch unfassbar, dass die Energieeffizienz und vor allem die Reduktion des Energieverbrauchs nicht weiter in den Mittelpunkt rücken.“ Denn für den Experten steht nicht die Suche nach „besserer Energie“, sondern deren Einsparung im Vordergrund. Gerade im Gebäudesektor liegt seiner Meinung nach einiges im Argen. „Hier wird unverständlicherweise auf enormes ökologisches und ökonomisches Potenzial verzichtet – und zwar sowohl von der Politik als auch von Planern und Betreibern!“ Dazu hat der Bundesverband Sonnenschutztechnik folgende beachtenswerte Rechnung aufgestellt: Gebäude verbrauchen, wie hinlänglich bekannt, in Europa 40 % der Primärenergie. In der EU stehen derzeit ca. 190 Mio. Gebäude. Diese Häuser weisen in Summe eine Verglasungsfläche von rund 1 Milliarde m2 auf. Der europäische Dachverband der Sonnenschutzindustrie (ES-SO) hat in seiner ESCORP-Studie errechnet, dass für diese Häuser ein Energie-Einsparpotenzial von ca. 500.000 GWh pro Jahr generiert werden kann, wenn 50 % dieser Häuser thermisch optimiert (Winter- und Sommerfall) würden. Das entspricht in etwa 43 Mio. Tonnen Öl! Ist das Einsparpotenzial im Wohnbau nach wie vor beim Heizen am größten, so sind es im Nichtwohnbau (z. B. Büros und Schulen) das Beleuchten und das Klimatisieren. Allein für die Kühlung von Räumen werden in der EU 360.000 GWh pro Jahr verbraucht, ein beträchtlicher Anteil davon könnte durch flexiblen Sonnenschutz eingespart werden.

Liegt das Gute doch so nah

Gerstmann: „Sinnvoll konzipierte, moderne Gebäude, die integral geplant sind, über ausgereifte Fassaden und zeitgemäße Sonnenschutzsysteme verfügen, müssen ganz einfach State of the Art werden. Unkomplizierter und sicherer kann man Ressourcen gar nicht schonen!“ Er legt auch gleich ein weiteres Beispiel auf den Tisch: Gerade jetzt im Winter kann man über südorientierte Fenster die Sonne ins Rauminnere lassen, die Wärme kann ungehindert eindringen und die Fenster dienen als solare Heizkörper. Diesen Effekt nutzen moderne Bauweisen wie das Passiv- und das Niedrigstenergiehaus. Hier wird ein wesentlicher Teil der Heizwärme kostenlos und ohne CO2-Austoß von der Sonne geliefert. „Dass das nur mit beweglichem Sonnenschutz funktioniert, ist klar“, so Gerstmann weiter, „denn sobald im Sommer die Sonne die gleichen Scheiben zu überhitzen droht, wird die außenliegende Beschattung wie Markisen, Raffstore oder Rollläden heruntergelassen und hält so die dahinter liegenden Räume kühl!“ Kühl, aber nicht finster, sei das Ziel, wie Gerstmann betont. Denn in Bürogebäuden entfallen bis zu 35 % und mehr des Primärenergiebedarfs auf künstliche Beleuchtung. Durch gezielte Tageslichtnutzung und Lichtmanagement ließe sich dieser Wert deutlich senken.
Dennoch errichten wir neue Bauwerke, die trotz Glasfassade gänzlich auf flexiblen Sonnenschutz verzichten – und sich auf die Leistung von Sonnenschutzgläsern verlassen, die aber auf Grund der eingebauten Filter den Bedarf an Kunstlicht erhöhen und die „solare Heizwärme“ schmälern. Trotz guter Wärmedämmwerte (U-Wert) können „moderne“ Verglasungen den Energieverbrauch bzw. die Betriebskosten des Gebäudes erhöhen, weil die Energie und das Licht der Sonne nicht optimal (im Rhythmus des Tages und der Jahreszeit) genutzt werden. Die ideale Kombination für unsere Klimaregion wäre also ein sehr gutes Wärmeschutzglas in Kombination mit einer Beschattung, die die Sommerhitze abhält und gleichzeitig ausreichend Tageslicht durchlässt.
Dynamische, also flexible und bedarfsgerechte, Beschattungen sorgen dafür, dass Ressourcen geschont werden, da sie Klimageräte in Wohngebäuden zu 100 % überflüssig machen, um das Gebäudeinnere in angenehmen Temperaturbereichen zu halten. Aber sie liefern auch jede Menge Heizwärme und versorgen Räume mit natürlichem und kostenlosem Tageslicht – ganz besonders dann, wenn das Lichtangebot ohnehin knapp ist und der eingefahrene Sonnenschutz alle Fenster für die Tageslichtversorgung freigibt. „Die Lösungen sind da – wie renommierte Experten des Instituts für Fenstertechnik Rosenheim oder des Fraunhofer Instituts immer wieder belegen –, warum werden sie nicht genutzt?“ wundert sich Gerstmann. „Es kann doch nicht sein, dass man stattdessen im Gegenzug die Ziele herunterschraubt!“