Mit Tageslicht lebt’s sich besser
Jetzt kommen die langen Tage. Sie bringen nicht nur mehr Sonne, sondern auch mehr Tageslicht. In den Innenräumen lebt und arbeitet es sich dann komfortabler und gesünder. Daher heißt es jetzt: Rollladen rauf!
Haus, Wohnung, Schule, Büro, Supermarkt – zu 90 % leben wir im Alltag nicht draußen, sondern drinnen. Und das, obwohl wir dafür eigentlich nicht geschaffen sind. Wir haben über die letzten beiden Jahrhunderte gelernt, dass Kunstlicht als gleichmäßige und zuverlässige Lichtquelle stets zur Verfügung steht. Das hat viele Vorteile. Aber eben nicht nur. Denn mit fehlendem Tageslicht geht uns, wie wir heute wissen, jede Menge Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit verloren. Es steuert zahlreiche biologische, physiologische und psychische Prozesse in unserem Körper. Erwachsene und Kinder brauchen es gleichermaßen, um gesund zu bleiben. Und unsere gute Laune und unser Aktivitätspegel hängen maßgeblich davon ab.
Sonne mit Plan
Ing. Johann Gerstmann, Sprecher des Bundesverbandes Sonnenschutztechnik: „Sowohl im privaten Wohnbau wie auch bei großen Bürogebäuden muss die ausreichende Versorgung mit Tageslicht schon in der Planung berücksichtigt werden. Und zwar aus vielerlei Gründen.“ Der Experte nennt neben der Gesundheit und Leistungsfähigkeit auch die Gesamtenergiebilanz: „Tageslicht ist keine Energieform wie Sonne, Wind oder Geothermie – aber es ist eine unerschöpfliche Ressource, die es zu nutzen gilt!“ Gerade jetzt sollten außen montierte Beschattungen wie Markisen, Raffstore, Roll- und Schiebeläden weggefahren werden, damit möglichst viel Wärme und Licht in die Räume hineinkommt. Dann braucht man in der Übergangszeit gar nicht mehr zu heizen, denn die Fenster sind solare Heizkörper.“ Das spart Energie und damit Geld. Gerstmann weiter: „Das ist ja der große Vorteil des dynamischen Sonnenschutzes: Ich verwende ihn nur dann, wenn ich ihn wirklich benötige – also jetzt nur eher sparsam – dem Übergangsklima angepasst - und im Sommer dann vermehrt, damit die Hitze nicht die Räume überwärmt.“
Gerade in der Arbeitswelt hat sich viel getan, so Gerstmann weiter: „Die Ansprüche an den Sehkomfort am Arbeitsplatz haben sich durch den hohen Bildschirmanteil total geändert. Das gilt sowohl im privaten Home Office als auch im Bürogebäude.“ Nur Helligkeit ist nicht alles. Ein Übermaß an ungelenktem und ungeregeltem Tageslicht kann rasch zu Blendungen führen. Das schadet zum einen den Augen und führt zum anderen oft zu Ermüdung, Kopfschmerzen und Muskelverspannungen, weil die Körperhaltung nicht passt. So wichtig wie der Blendschutz ist auch der Kontakt zur Außenwelt. Moderner Sonnenschutz lässt sich dynamisch – den Außenverhältnissen entsprechend – einstellen: durch das Wenden der Lamellen, die Positionierung der Läden oder durch mikroskopisch perforierte Stoffe. So passt er auch immer zu den individuellen Bedürfnissen der Menschen im Gebäude.
Moderne Beschattungssysteme können weit mehr als Schutz vor zu viel Sonne bieten: Sie versorgen im Winter Räume mit kostenloser Energie fürs Heizen, sie sichern gute Sehbedingungen vor allem bei Bildschirmarbeit und sie nützen vor allem Tageslicht. Das tut uns Menschen gut – das merken wir vor allem dann, wenn ein lichtarmer Winter zu Ende gegangen ist und die Frühlingssonne wieder viel Licht auf die Erde schickt!
Lichtraub
Gerstmann: „Ganz gleich ob hierzulande oder in anderen mitteleuropäischen Ländern, der Lichtraub steht an der Tagesordnung!“ Die Fokussierung auf möglichst hohe Wärmeschutzwerte oder die Reduktion der solaren Energie durch Sonnenschutzgläser bewirkt oft eine massive Reduktion des Lichteintrages – um bis zu 70 % an 365 Tagen pro Jahr! Der gesamtheitliche Ansatz und insbesondere die Berücksichtigung des Tageslichtes als natürliche Ressource wird oftmals in der Planung nicht beachtet. Dabei ist gerade in Bürogebäuden der Strombedarf für Kunstlicht in der Regel höher als für die Klimatisierung. Durch sinnvolle Tageslichtnutzung können 50 % bis 80 % der Beleuchtungsstromkosten eingespart werden – was sich auch auf die Lebenszeit der Leuchtmittel entsprechend auswirkt und Instandhaltungskosten verringert. Gerstmann abschließend: „Unabhängig von der Gebäudeart weiß man heute, dass mit starrem Sonnenschutz zu viel natürliches Licht verloren geht. Wenn wir über Energieeffizienz sprechen, muss man vor allem daran denken, dass Gebäude für Menschen gebaut werden. Das heißt, sie sollten trotz minimalen Energiebedarfs höchsten Komfort bieten, und dazu gehört vor allem auch das stiefmütterlich behandelte Tageslicht! Lösungen, die sich nicht den sich ständig ändernden Temperatur- und Lichtverhältnissen im Außenbereich optimal anpassen, können nie wirklich effizient sein. Dynamisches Klima braucht dynamische Fassaden und damit beweglichen Sonnenschutz wie Markisen, Raffstore, Roll- und Schiebeläden!“