Solares Heizen: Die Sonne nicht fix verbauen
Wie jedes Jahr im Herbst wird auch heuer in vielen Haushalten der Rechenstift angesetzt: Wieviel Strom, Öl, Gas brauchen wir zum Heizen? Wo können wir sparen? Und schon beginnt die Suche nach Einsparungspotenzial. Schon mal ganz einfach an die Sonne gedacht?
Man könnte ja stundenweise die Heizung ganz abdrehen. Oder die Raumtemperatur generell deutlich senken. Oder einfach dicke Pullover tragen. Oder viel heißen Tee trinken. Viele mehr oder weniger wertvolle Ideen werden jedes Jahr zu Beginn der kalten Monate angedacht. Dabei ist die Antwort so natürlich wie simpel: Einfach die Sonne zum richtigen Zeitpunkt ins Haus lassen und wieder aussperren, sobald man genug davon hat. Mit dynamischem Sonnenschutz geht das ganz unkompliziert und sicher. Johann Gerstmann, Sprecher des Bundesverbandes Sonnenschutztechnik: „Wer seine Gläser nicht verbaut, sondern nur bei Bedarf mit einem Rollladen, einem Raffstore, einer Markise oder einem Fensterladen beschattet, kann seine eigenen vier Wände kostengünstig und effizient beheizen.“
Konkret bedeutet das: Zeitgemäße Gebäude wie Passiv- oder Niedrigstenergiehäuser erhalten bis zu 50 % ihrer Heizwärme aus der Kraft der Sonne. Und das ohne CO2-Austoß. Allerdings nur dann, wenn nicht nur am Schreibtisch mit der Sonne gerechnet wird, sondern dies auch in der Praxis so gelebt wird. Gerstmann: „Je energieeffizienter die Bauweise, desto wichtiger ist es, die solaren Gewinne auch wirklich Tag für Tag zu nutzen: Leider weist der Energieausweis nur den Wärmebedarf aus, den man kaufen muss und nicht jenen, der gratis von der Sonne kommt.“ Am besten eignet sich dafür eine Kombination aus ganz normalem guten Wärmeschutzglas und dynamischem Sonnenschutz: Während der Sonnenstunden wird dieser weggefahren, die Wärme strömt ins Haus und trägt zu einer behaglichen Innenraumtemperatur bei. Nach Sonnenuntergang werden die Sonnenschutzvorrichtungen geschlossen, mit dem Vorteil, dass die Fenster zusätzlich gedämmt werden. Bei alten Fenstern reduziert dies den Wärmeverlust um bis zu 40 %, bei modernen immerhin auch noch um bis zu 10 %. Zudem wird so in den kühleren Nachtstunden die Temperatur der Glasflächen höher gehalten, und unangenehme Zugerscheinungen werden vermieden.
Starr vs. flexibel
Gerstmann: „Die alten Rezepte funktionieren einfach nicht mehr: Viele Planer bauen Häuser mit meist großen südorientierten Fenstern und wirken der sommerlichen Überwärmung durch Überdachungen, Auskragungen und Vorbauten entgegen. Die hoch stehende Sommersonne wird in diesen Entwürfen abgeschattet und die tiefe Wintersonne in die Gebäude gelassen. Solange viel Wärme über schlecht gedämmte Fassaden und Fenster verloren ging, reichte die eingefangene Sonnenwärme nicht aus, diese Verluste wettzumachen – von Überwärmungsrisiko keine Spur. Heute errichtet man energieeffiziente Neubauten oder sanierte Bestandsgebäude thermisch, und diese Entwicklung ist unumkehrbar! Die Wärmeverluste der Gebäudehülle betragen nur noch ein Zehntel gegenüber früher, und die Wärmegewinne durch die Sonne sind durch größere Glasflächen deutlich höher. Durch die nun positive Energiebilanz von Verglasungen können von Süd-West bis Süd-Ost orientierte Räume auch im Winter, aber vor allem in der Übergangszeit überwärmen und unbehaglich werden!“ Dann hilft laut Gerstmann nur eines: Häufiger lüften – was jedoch die Raumluft sehr trocken macht.
Starre Beschattungen helfen daher weder beim Energiesparen noch bei der Tageslichtnutzung, da sie den freien Lichteinfall drastisch reduzieren. Hier sieht der Experte ebenfalls Aufklärungsbedarf: Mit der richtigen Menge an Tageslicht kann der Aufwand von Kunstlicht untertags um 30 % bis 80 % reduziert werden. Gerade jetzt im Herbst ein doppelter Bonus. Zum einen spart man so Energie und damit Geld, und zum anderen wirkt sich natürliches Licht besonders positiv auf unsere Gesundheit aus: Kunstlicht ermöglicht uns zwar auch bei fehlendem Tageslicht das Sehen, es kann jedoch nichts Positives für unseren Biorhythmus oder zur Vitamin- und Hormonbildung beitragen. Gerstmann warnt daher auch vor einem unüberlegten Einsatz von Sonnenschutzgläsern: „Diese Gläser funktionieren ganz anders als herkömmliche Verschattungen. Letztere reduzieren die Lichteintrittsfläche und dimmen somit das einfallende Licht auf ein vom Nutzer gewünschtes Maß. Sonnenschutzglas hingegen verändert die spektrale Zusammensetzung des Lichtes so, dass die energiereichen Spektren gekappt werden. Das lässt sich mehr oder weniger schon beim Erscheinungsbild erkennen, beispielsweise an blauem oder grünem Glas. Nicht erkennen lässt sich jedoch, dass damit auch die biologische Wirkung von Tageslicht verändert wird. Darüber hinaus erhöhen Sonnenschutzgläser im Normalfall den Kunstlichtbedarf in der dunkleren Jahreshälfte deutlich und schmälern den solaren Eintrag bzw. den Wärmeeintrag fürs passive Heizen. Das ist weder gut fürs Börserl noch fürs Gemüt!“
Wer den Licht- und Wärmeeintrag wirklich perfekt dosieren will, automatisiert ihn und kann sich so sicher sein, dass sein Heim rund ums Jahr wohltemperiert und fein belichtet ist. Eine Sonnenschutzanlage ist heute mehr denn je ein Teil der Haustechnik wie auch die Heizung, die Beleuchtung oder die Komfortlüftung. Die verfügbaren Steuerungen sind so weit perfektioniert, dass die Benutzer möglichst selten auf einen Bedienknopf drücken müssen, ohne dabei vom System entmündigt zu werden.
Foto: BVST/KOSMOS, Abdruck honorarfrei
Über den Bundesverband Sonnenschutztechnik: Der Bundesverband Sonnenschutztechnik ist der Dachverband der österreichischen Sonnenschutzindustrie. Kooperationspartner sind u. a. klima:aktiv, IBO, ÖGUT und der Bau.Energie.Umwelt.Cluster NÖ.
Der Verband repräsentiert 23 Mitgliedsbetriebe mit insgesamt über 1.618 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Er sichert mit einer Wertschöpfung von ca. 900 Mio. Euro an die 10.000 heimische Arbeitsplätze vor allem im gewerblichen Bereich.
Der BVST ist Gründungsmitglied des Europäischen Dachverbandes ES-SO (European Solar Shading Organization), zu dem 28 Mitgliedsverbände zählen. Verbandsweit ermöglichen alle mit Sonnenschutz verbundenen Leistungen (bis hin zur Montage und Serviceleistungen) Arbeitsstellen für 400.000 Angestellte und Arbeiter, die einen Gesamtumsatz von ca. 35 Milliarden Euro erwirtschaften. www.bvst.at