Presse

Sanierung im Wohnbau: Kluger Schutz vor Überwärmung mit außenliegendem Sonnenschutz

Wien, im April 2020_Die Temperaturen in den Sommermonaten steigen hierzulande laufend und ebenso die Zahl der überdurchschnittlich heißen Tage im Jahr. Dichte Gebäudehüllen und große südorientierte Glasflächen sind aus Sicht der Heizenergieeinsparung wichtig, erhöhen jedoch das Überwärmungsrisiko. Um für sommerkühle Wohnungen die Umwelt nicht durch Klimageräte zu belasten, ist es wichtig, bei geplanten Sanierungsarbeiten die richtigen Maßnahmen zu ergreifen. Markisen, Rollläden und Raffstore sind hier die ökologisch sinnvollste und gesündeste Wahl.

Laut einer Prognose der ETH Zürich soll Wien bis 2050 in Hitzeperioden der Klimazone von Skopje entsprechen. Dies würde bedeuten, dass die Österreicherinnen und Österreicher in den heißesten Monaten Temperaturen ausgesetzt wären, die um 7,6° C wärmer sind als 1850!  Sommertauglichkeit von Wohngebäuden wird von vielen Experten aktuell als die wichtigste Herausforderung gesehen. Insbesondere bei Bestandsbauten besteht die Gefahr, dass der Sommerkomfort durch die Anschaffung von Klimageräten die Ziele der Klima- und Energiepolitik konterkariert. Um diese Ziele zu erfüllen, den Energieverbrauch zu senken und gleichzeitig die Energieeffizienz von Gebäuden zu verbessern, ist vor allem eine ganzeinheitliche Sanierung notwendig: Das bedeutet den Energieverbrauch beim Heizen zu senken und gleichzeitig den Stromverbrauch durch Kühlgeräte und Klimaanlagen nicht in die Höhe zu treiben. Darüber hinaus erzeugt Klimatisierung viel Abwärme, die gerade in urbanen Gebieten die Außenluft zusätzlich erwärmt und die nächtliche Abkühlung verhindert.
Bei Neubauten kann aufgrund der vorzulegenden Energieausweise auf einen effektiven Sonnenschutz ohnedies kaum verzichtet werden. Damit kurz- und mittelfristig der Energieverbrauch infolge mechanischen Kühlens nicht ungebremst in die Höhe schnellt, ist es vor allem bei bestehenden Gebäuden wichtig, mit passiven Maßnahmen wie Beschattung und Nachtlüftung auf das sich ändernde Klima nachzurüsten.

Richtige Beschattung macht den Unterschied
Ein Jahr hat 4.380 Tagstunden, von denen mindestens 50 % so kühl sind, dass sie keine Sonnenschutzmaßnahmen erfordern. Von den verbleibenden ca. 2.200 Stunden, sind wiederum etwas weniger als 50 % sonnig. Durch den Gang der Sonne resultieren daraus 250 bis 400 Stunden je Fassadenorientierung und Jahr, an denen besonnte Fenster unbedingt beschattet werden sollten. Für eine effektive Beschattung sind also ca. 10 % der Tagstunden erforderlich, um eine Überwärmung von Mitte April bis Ende Oktober zu vermeiden. Im Großteil Österreichs ist es möglich, mit Beschattung und Nachtlüftung trotz steigender Temperaturen Wohngebäude sommertauglich zu planen und zu bauen. Bei einem typischen Wohnraum kann ein effektiver außenliegender Sonnenschutz die Temperatur von Innenräumen um ca.10 Grad kühler halten als im Vergleich zu einem Raum mit unbeschatteten Fenstern.

Außenliegender Sonnenschutz kühlt effektiv und umweltschonend
Ing. Johann Gerstmann, Sprecher des Bundesverbandes Sonnenschutztechnik: „Bei der Sanierung muss man immer das Gesamtbild im Kopf haben! Für Wände und Fenster ist es wichtig, dass der Wärmfluss von der warmen zur kalten Seite gering ist – das spart Heizkosten und verhindert außerdem, dass im Sommer die Außenluft ihre Wärme in den kühleren Innenraum abgibt. Aber noch viel wichtiger ist, das Fenster als Heizköper zu verstehen: Wenn die Sonne ungehindert durch das Glas einstrahlen kann, hat man einen Radiator mit 500 Watt Leistung pro Quadratmeter und mehr! Wenn ein variabler Sonnenschutz vorhanden ist, wirkt er wie ein Thermostatventil, das die Heizleistung der Sonne um 90 % und mehr reduzieren kann.“ Als Faustformel nennt der Experte: Ein Sonnenschutz ist dann effektiv, wenn er 85 % der solaren Einstrahlung vom dahinterliegenden Raum abhält. 10 bis 15 % Lichteintrag bei direkter Sonne reichen jedoch aus, um Räume zu belichten und das schattige Ambiente vermittelt zusätzlich einen psychologischen Komfortgewinn.
Ein Blick in die Städte des Südens zeigt, wie man sich dort traditionell vor zu viel Sonne schützt. Man sieht vor allem geschlossene Fensterläden mit Lichtschlitzen oder steil abfallende Markisen, die auch noch den vorgelagerten Balkon abschatten. Die außenliegenden Beschattungen werden individuell auf das Gebäude abgestimmt, geplant und gebaut. Diese Herangehensweise bestätigen auch Experten: Laut einer Studie der TU-Graz ergeben sich die niedrigsten Raumtemperaturen – unabhängig von der Bauweise – durch eine konsequente, am besten automatisch gesteuerte temporäre Beschattung kombiniert mit einer effektiven Nachtlüftung. Die klare und einfache Botschaft, die das Überwärmen in weiten Teilen Österreichs verhindert, lautet daher: Sonnenschutz am Tag und Lüften bei Nacht! Gerstmann: „Automatisierte Beschattungssysteme regulieren den Licht- und Hitzeeintrag nach individuellen persönlichen Vorlieben per Smartphone oder Tablet – unabhängig davon, ob man zu Hause ist oder nicht. Und viele dieser Systeme sind nachrüstbar. Man kann also durchaus ein wenig kleiner und einfacher beginnen und, wenn man den zusätzlichen Komfort schätzen gelernt hat, das System ausbauen.“

Auskühlen lassen – ohne teure Klimaanlagen
Wird’s im Sommer heiß, gehen die Klimageräte weg, wie warme Semmeln und die Absatzahlen steigen dann im Jahresvergleich im zweistelligen Bereich. Klima- und energiepolitisch betrachtet bereitet das jedoch Sorgen, denn der damit verbundene Energieverbrauch belastet das Stromnetz (die wenigsten Geräte werden dezentral versorgt), unter Umständen müssen Gaskraftwerke zugeschaltet werden, um die Peak-Belastung abzudecken. Oft wird übersehen, dass das Runterkühlen um ein Grad Celsius etwa drei- bis viermal so viel Energie benötigt, wie das Erwärmen um ein Grad. Gerstmann: „Eine viel sinnvollere Lösung, den Bestandswohnbau sommertauglich zu machen, ist das Nachrüsten einer effektiven Außenbeschattung wie bspw. Fassadenmarkisen, Raffstore, Roll- oder Fensterläden. Und genauso wichtig ist das Auskühlen der aufgewärmten Bausteile mittels Nachtlüftung, sobald die Außentemperatur unter 20 Grad sinkt.“ Für die meisten Siedlungen, Dörfer und Städte Österreichs ist diese Art des passiven Kühlens trotz steigender Temperaturen die kostengünstigste, effektivste, nachhaltigste, gesündeste aber auch eine zukunftstaugliche Technik, komfortable Raumtemperaturen zu gewährleisten.

Förderungen als sinnvoller Motor bei der Sanierung
Die Experten des Bundesverbandes Sonnenschutztechnik sehen die Politik in der Pflicht. Zum einen dürfen die klimabedingt höheren Außentemperaturen nicht durch die Abwärme von Klimageräten und Klimaanlagen weiter erhöht werden. Und zum anderen gilt es zu verhindern, dass die Bemühungen bei der Reduktion der Heizenergie durch zusätzliche Klimatisierung teilweise zunichte gemacht werden. Dafür braucht es den Weitblick auf das Ganze und nicht eine kurzsichtige Problembeseitigung. Um den Anforderungen hinsichtlich Energie, Komfort und Design gerecht zu werden, bieten die österreichischen Sonnenschutz-Hersteller zahlreiche unterschiedliche Lösungen an. Wird der Sonnenschutz im Gebäudebestand ähnlich wirkungsvoll nachgerüstet, wie dies bei der Wärmedämmung der Fall ist, sind sommertaugliche Wohnräume im Großteil Österreichs auch in Zeiten des Klimawandels ohne mechanisches Kühlen realisierbar! Die Bundesländer Wien, Niederösterreich und Tirol haben jedenfalls schon einen wesentlichen Schritt getan und fördern außenliegenden variablen Sonnenschutz auch in der Sanierung!

 Quelle: Bundesverband Sonnenschutztechnik, 2020: Sommertauglichkeit im städtischen Wohnbau

Bilder und Credits:
BVS_PA_Keine_Überwärmung_1.jpg und BVS_PA_Keine_Überwärmung_2.jpg: © Trimmel Wall Architekten
Wohnhaussanierung in der Mariahilfer Straße 182 in Wien