Faktencheck

Best Practice Krems

Ein bemerkenswert integraler Planungsprozess ist der Sanierung des Bundesrealgymnasiums Kremszeile in Krems voraus gegangen. Nach knapp zwei Jahren Bauzeit ist das Vorzeige-Objekt offiziell eröffnet worden. Die Schüler profitieren unter anderem von besonders viel natürlichem Tageslicht.

Als Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek am ersten Oktober 2014 zur offiziellen Eröffnung des BRG Kremszeile zu Gast war, hatten die Schülerinnen und Schüler die neuen Räumlichkeiten längst in Beschlag genommen. Jeder hatte schon seinen Sessel im Klassenzimmer Probe gesessen, das persönliche Lieblingsplätzchen in den weitläufigen Außenanlagen gefunden. Es herrscht rundum Zufriedenheit – sowohl beim Lehrpersonal als auch bei den Schülerinnen und Schülern.

Lernen im Containerdorf

Rückblick: Ende des Schuljahres 2013 zogen Schüler- und Lehrerschaft aus dem alten Objekt Baujahr 1971 aus. Während der Umbauarbeiten wurde in Interimsräumlichkeiten gepaukt – dem so genannten Containerdorf. Schuldirektor Manfred Kurz erinnert sich: „Wir waren gegenüber der Schule in Containern untergebracht. Während der Bauarbeiten haben wir immer mal wieder rübergeschaut. Wir konnten es irgendwann einfach nicht mehr erwarten, bis es endlich los geht.“ Das Warten hat sich auf jeden Fall gelohnt. Die rund 660 Schülerinnen und Schüler und die über 60 Lehrkräfte haben nun nicht nur gefühlt mehr Platz, die neuen Räumlichkeiten können sich auch zahlenmäßig sehen lassen. Insgesamt ist die Schule im Zuge des Umbaus um rund 5.000 Quadratmeter Nettoraumfläche gewachsen. Außerdem sind 6.600 Quadratmeter Altbau entkernt und thermisch saniert worden. Darüberhinaus wurden die gesamten Außensportanlagen neu hergestellt. Die Stammklassen sind nun fast zur Gänze im Atrium Süd und dem erweiterten Westflügel untergebracht. In den beengten Bereichen des sanierten Altbestands befinden sich nur noch Sonderunterrichtsräume, Verwaltung und sonstige Einrichtungen. Architekt Stefan Nöbauer von Trafo Architektur ist stolz auf das nun weitläufige, moderne und vor allem helle Ensemble: „Atrien und Höfe bringen reichlich Tageslicht auf die Gänge und können sowohl in den Pausen als auch für den Unterricht genutzt werden. Das Objekt bietet Raum für neue pädagogische und didaktische Strukturen.“

Freiraum und Freiheit

Doch es wurde nicht nur Freiraum für Gedanken und Kreativität geschaffen. Auch die Themen Barrierefreiheit und Sicherheit sind Planern und Bauherren ein großes Anliegen gewesen. So hat sich zum Beispiel das Vorfeld der Schule im Vergleich zum Altbestand wesentlich verändert. Das Niveau des nunmehr barrierefreien Haupteingangs wurde auf das Niveau des Erdgeschoßes angehoben. Außerdem hat die Stadt Krems die Schutzwege neu markiert und die bisher in diesem Bereich bestehenden Parkmöglichkeiten aufgelassen. Die Autos mussten also einer Begrünung weichen – inklusive Kiesflächen im Schutzwegbereich. Die Bauherrin, die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG), hat sich aber nicht nur um die Anliegen der Schüler- und Lehrerschaft gekümmert. „Um die von der anwesenden Vertreterin des Elternvereins vorgeschlagene Lösung, einer Verlegung des privaten Bring- und Abholverkehrs über die St.-Paul-Gasse besser entsprechen zu können, hat die BIG an der Rückseite zur Schule zusätzlich einen Ausgang zum öffentlichen Verbindungsweg zwischen den beiden Straßenzügen geschaffen“, erklärt Herwig Wolloner, Projektmanager der Bundesimmobiliengesellschaft, einen Aspekt des integralen Planungsansatzes.

Der größte gemeinsame Nenner

Für die Benutzer zu planen und nicht an ihnen vorbei, war ohnehin das oberste Credo beim BRG Kremszeile. So haben sich Planer und Ausführende auch im Bereich Fenster und Sonnenschutz die eine oder andere Raffinesse einfallen lassen. Johann Gerstmann, Sprecher des Bundesverbandes Sonnenschutztechnik, hat sich selbst ein Bild vom Vorzeige-Objekt gemacht: „Dieses Objekt ist ein Musterbeispiel, wie wir es als Sonnenschutzverband nur begrüßen können! Alle an der Planung Beteiligten haben miteinander ein Konzept erarbeitet, das den größten gemeinsamen Nenner zum Ziel hatte. Es wurde nicht, wie häufig üblich, beispielsweise ein Parameter optimiert, ohne die Auswirkung auf andere Funktionen zu berücksichtigen!“ An besagter Planung beteiligt waren aber nicht nur Professionisten. Ganz konkrete Gedanken hat sich zum Beispiel eine vierte Klasse des BRG zu Teilung und Funktion der Regelfenster gemacht. Die Schülerinnen und Schüler haben im Rahmen des Werk- und Kreativunterrichts ein System entwickelt, das der Generalplaner quasi eins zu eins umsetzen ließ. So gibt es an den Regelfenstern nun neben den technisch notwendigen Funktionen einen schmalen und hohen Komfortlüftungsflügel, der jederzeit händisch geöffnet werden kann. Außerdem freuen sich die Teenager nun über bequeme Sitzmöglichkeiten auf der Fensterbank mit einer gehörigen Portion Sonnenlicht.

Das erleuchtete Klassenzimmer

Stichwort Licht. Vielerorts steht künstliche Beleuchtung in Klassenzimmern an der Tagesordnung. Nicht so beim BRG Kremszeile. Hier haben sich die Planer für eine Wärmeschutzverglasung entschieden, die im Gegensatz zur Sonnenschutzverglasung das visuelle Spektrum vollständig in die Räume lässt. Die angenehme Folge: Tageslicht pur! Johann Gerstmann sprechen die Planer damit aus der Seele: „Viel Kunstlicht am Tag ist im übertragenen Sinn nicht nur ein moderner Schildbürgerstreich, sondern reduziert vor allem die kognitive Leistung der Schülerinnen und Schüler.“ Räume möglichst lange, ergo auch an Tagrandzeiten und in der lichtärmeren Jahreshälfte, mit Tageslicht zu versorgen, war neben der natürlichen Belüftung daher die zentrale Anforderung an die transparenten Bauteile. Dennoch sollen die Lehrkräfte natürlich blendfrei unterrichten können. Die Lösung: Tageslichtraffstore erhellen auch bei aktiviertem Behang die Decken der Klassen und sorgen für eine gleichmäßige Belichtung. Trotze Hitze- und Blendschutz bleibt die Sicht nach außen gewährleistet. „Durch diese Maßnahmen wird das menschliche Auge optimal geschont und der Organismus durch die sich ändernde Lichtrichtung und Lichtfarbe mit dem Tagesablauf synchronisiert“, sagt BIG-Projektmanager Herwig Wolloner. Sollte zu viel Tageslicht dem Lehrplan dennoch einmal in die Quere kommen, etwa bei Video- oder Filmvorführungen, können die Lehrerinnen und Lehrer die Klassenzimmer manuell „dimmen“, ohne dass die Schülerinnen und Schüler im Dunkeln sitzen.

Ökonomisch und ökologisch

Der Einsatz von Tageslicht-Technik macht sich derweil auch im Geldbörserl der Schule bemerkbar. Denn bei richtiger Verwendung der Raffstore ist untertags kein Kunstlicht mehr notwendig. Durch die Einsparung der Mehrkosten für das Sonnenschutzglas, den Wegfall der Stützkühlung in den meisten Bereichen der Schule sowie die Einsparung bei der künstlichen Beleuchtung am Tag finanzieren sich außerdem die Investitionskosten der Sonnenschutzanlage. Planer und Ausführende haben also alles für ein gesundes und leistungsfähiges Raumklima mit Wohlfühlatmosphäre getan. Aber, um es mit den Worten von Ministerin Heinisch-Hosek zu sagen: „Das Bauen ist das eine, wie wir mit Inhalten umgehen, ist das andere. Es ist großartig, wie hier zusammengearbeitet wurde. Bitte machen Sie so weiter.“